Teil 2 - Abzweige und Einmündungen

Beim Bau einer AMS-Anlage mit Digitalsteuerung wird man schnell merken, daß es beim Überfahren sich kreuzender Stromleiter häufig zu Kurzschlüssen kommt. Vor allem, wenn man Litzenschleifer verwendet. Da manche Digitalzentralen sehr schnell schalten, bedeutet das meist den Stopp der gesamten Anlage. Aber auch bei Nichtabschalten kann bei einem Kurzschluss der gesamte Anlagenstrom fließen!

Es ist daher sinnvoll, jeweils den nicht benötigten Stromleiter auszuschalten oder umzuschalten auf die gerade benötigte Polarität. Bei der Modelleisenbahn bezeichnet man das als Herzstückpolarisation.

Bei den folgenden Überlegungen bezeichne ich mal den in Fahrtrichtung linken Leiter als den braunen Stromleiter, den rechten als den gelben Stromleiter.

(Firmenbezeichnungen im Text dienen nicht der Werbung, sondern dem Verständnis des Lesers)

Nehmen wir zunächst eine einspurige Abzweigung nach rechts:

Soll das Fahrzeug geradeaus fahren, steht die Schaltzunge auf 'gerade', der gelbe Stromleiter würde den braunen kreuzen, also muß dieser abgeschaltet sein oder auch gelb. Einfacher ist es, den kreuzenden Stromleiter komplett zu schalten, dann braucht man ihn nur einmal abzusägen, sinnvollerweise in der Mitte des Slots. Ergibt zwei Sägeschnitte, einmal für den abbiegenden und einmal für den geraden Stromleiter. Dann kann man diese beiden Stromleiter miteinander verlöten. Sie müssen natürlich von den weiterführenden Fahrbahnstücken mit Isolierverbindern getrennt sein.

Nun müssen natürlich Schaltzunge und Stromleiter noch geschaltet werden. Das könnte mittels Taster und bistabilem Relais erfolgen. Das zurückstellen der Schaltzunge beim Abbiegen erfolgt bei Faller (meist) automatisch durch die entsprechend geformte Schaltzunge. Eine Möglichkeit, das Relais zurückzustellen, wäre, die Stellung der Schaltzunge abzufragen. Das wird aber in der Praxis schwierig. Besser ist da eine Lichtschranke. - Was aber, wenn das Fahrzeug abbiegt, die Lichtschranke setzt das Relais zurück, aber die Schaltzunge wird nicht zurückgesetzt? (Das ist bei meinen Versuchen oft passiert, entweder war das Fahrzeug zu schnell, der Führungsstift zu dünn oder sonstwas). Besser ist es, die Schaltzunge mit einem Weichenantrieb zu schalten und die Rücksetzung des Weichenantriebes und des Schaltrelais durch die Lichtschranke auszulösen. (Die von mir eingesetzten Weichenantriebe von Glöckner-Modellbau sind beides in einem: Weichenantrieb und zweipoliges Relais). Ich habe auch die Antriebe von Conrad probiert, kam aber damit überhaupt nicht zurecht. Geschaltet wird über zwei Taster auf einem Stellpult, und es ist auch möglich, zwei LED für die Stellungsanzeige mitzuschalten.

Eine weitere Schaltungsmöglichkeit wäre das System von Carrera, wo am abbiegenden Fahrzeug eine unter dem Fahrzeug angebrachte IR-Diode mit einer Funktionstaste am Regler eingeschaltet wird. Ein in die Fahrbahn eingebauter Empfänger schaltet dann den Weichenantrieb. Ein paar Tests in dieser Richtung haben funktioniert, aber mir war das bisher zu aufwändig zum Realisieren. Auch ist es dann sinnvoll, für jedes Fahrzeug einen Regler zu haben.

Digital könnte man die Abzweige auch schalten. Weichen- bzw. Magnetartikeldecoder sind kein Problem. Dann wäre aber noch ein PC nötig, da es viel zu umständlich wäre, auf einem Handregler die jeweilige Weichenadresse herzusuchen. Bis ich die gefunden habe (bei etwa 50 erforderlichen Weichenadressen) hat das Fahrzeug schon drei Runden hinter sich.

So, das Fahrzeug kann abbiegen. Jetzt möchte es aber wieder zurück auf die Hauptstraße.

Kommen wir also zu der einspurigen Einmündung:

Auch hier müssen die sich kreuzenden Stromleiter in der Mitte des Slots gesägt und außen mit Isolierschienenverbindern versehen werden.

Um Kurzschlüsse zu verhindern, müssen hier aber Stoppstellen eingebaut werden. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten:

- die einfachere ist, z.B. die gerade Fahrbahn vorfahrtberechtigt zu definieren. Dann brauche ich nur eine Stoppstelle in der einmündenden Fahrbahn. Die Stromleiter können mit einem monostabilen Relais geschaltet werden, und Stoppstelle und Relais werden über einen Taster nur solange freigegeben, bis das einbiegende Fahrzeug drübergefahren ist. (Das kann man natürlich auch umdrehen und dem von rechts kommenden immer die Vorfahrt geben.)

- die zweite Möglichkeit sind zwei Stoppstellen in Verbindung mit einem bistabilen Relais, zwei Tastern und zwei Rückmeldedioden. Damit kann ich wahlweise eine Fahrbahn dauerhaft freigeben.

Bild in Lightbox öffnen (open image in lightbox). - die blauen Punkte zeigen, wo die Stromleiter getrennt sind
- die roten Punkte sind Isolierverbinder
- die grün gepunkteten Stromleiter sind umschaltbar
- rosa und türkis gepunktete Stromleiter sind abschaltbar

Ein linksabbiegenden Einfachabzweig baue ich so:

(Natürlich ohne automatische Rückstellung wie bei Faller)

Die zweispurige Abzweigung

Beim zweispurigen Abzweig wird das Ganze etwas aufwändiger, funktioniert aber im Prinzip genauso.

Um den Aufwand nicht zu hoch zu treiben, habe ich mich entschieden, die Fahrbahnen nur parallel freizugeben, d.h. bei der rechtsabbiegenden Variante, daß das Fahrzeug nach rechts abbiegt, gleichzeitig aber ein von rechts entgegenkommendes einbiegen kann. Ein auf der geraden Fahrspur entgegenkommendes muß warten. Genau umgekehrt habe ich es bei der linksabbiegenden Version gemacht.

Die Möglichkeit, bei der Rechtsausführung zwar rechts abzubiegen, den gerade entgegenkommenden Verkehr freizugeben und den von rechts einbiegenden zu stoppen, war mit schaltungstechnisch zu kompliziert. Gleiches gilt für die Linksausführung.

Beim linksabbiegenden Doppelabzweig gibt es noch eine Besonderheit:

Es kann passieren, daß ein abbiegendes, langsames Fahrzeug im entgegenkommenden Slot hängenbleibt oder dort hineinfährt.

Dies sollte man unbedingt ausprobieren.

Manchmal hilft es, wenn man die Ecke mit einem scharfen Skalpell abschneidet, wie auf dem Bild unten links dargestellt.

Manchmal ist es besser, man klebt ein dünnes Messingblech ein, das von dem geradeausfahrenden Fahrzeug leicht weggedrückt werden kann.

Die oben beschriebenen Schaltungen habe ich mit Faller-Fahrbahnen ausprobiert, und sie funktionierten, nur leider nicht zu meiner Zufriedenheit. Das Anbringen der Weichenantriebe an den Fahrbahnen klappt nicht gut, die Schaltzungen sind zu sensibel usw.

Außerdem muss man bedenken, daß die meisten Abzweige nicht für Fahrzeuge mit zwei Führungsstiften geeignet sind.

Deshalb habe ich mich entschlossen, alle Abzweige und Einmündungen selbst zu fräsen.

Nun habe ich einen ganzen Karton voll zersägter Faller-Abzweige, aber eine Bahn, die recht zufriedenstellend funktioniert.

Eigenbau

Eine im Bau befindliche Eigenbau-Abzweigung. Hier noch mit Kupferdraht als Stromleiter, aber auch schon mit Alu-Klebeband








Eigenbau von der Rückseite. Die Schaltzunge aus dünnem Blech wird in einem Schlitz im Schalthebel des Antriebs befestigt. Der Drehpunkt der Schaltzunge ist auch der Drehpunkt des Schalthebels.



Als Schaltsensor verwende ich den IS471F von Sharp, zusammen mit einer 3 mm IR-LED und einer Hilfsschaltung als Verstärker zur Schaltung der Relais.

Dieser Sensor ist fremdlichtunempfindlich. Evtl. muß an der Unterseite des Chassis etwas reflektierende Folie angebracht werden.

Zur Funktion ist es nötig, zwei Löcher Ø 3 mm in die Fahrbahn zu bohren. Allerdings ist zur problemlosen Funktion eine geglättete Spannung von 12 V nötig. Mit dieser kann man auch gleich das Relais schalten.

Auf dem Bild sieht man rechts noch eine Verstärkerschaltung zur Relaisbetätigung

Rückwärtsfahren über einen Abzweig

(siehe auch nächste Seite)

Das geschieht am besten stromlos mit einer einspurigen Einmündung. Dort wird ein sehr dünnes Messingblech (0,05 mm) in den Slot geklebt.

Das auf der geraden Spur von rechts kommende Fahrzeug fährt vollständig über den Abzweig. Beim Rückwärtsfahren fährt es nun automatisch in die Abzweigung.


Beispielvideos:

Containerrampe und Autotransport

Bild in Lightbox öffnen (open image in lightbox). Rückwärtsabzweig (Blech im markierten Bereich angeklebt)

Diesen Faller-Abzweig kann man auch verwenden. An den roten Hebel wird ein Servo angebaut.